Historie: Technologiezentrum Varel

20. Mai 2011: Einweihung des Technologiezentrums Varel (TZV) durch Ministerpräsident David McAllister.
Einweihung des Technologiezentrums Varel (TZV) durch Ministerpräsident David McAllister.

Einweihung des Technologiezentrums Varel (TZV) durch Ministerpräsident David McAllister.

Schlüsselübergabe für das TZV
Schlüsselübergabe für das TZV

(v.l.) ZTA-Geschäftsführer Jörg Kreikenbohm, Varels Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Carsten Auffahrt (SHI, Oldenburg), Ministerpräsident David McAllister, Landrat Sven Ambrosy und ZTA-Geschäftsführer Torsten Höfer.

Neue Ideenschmiede lockt Entwickler nach Friesland

Das Technologiezentrum Varel ist eine Zeitmaschine - hier produzieren kreative Entwickler die Lösungen der Zerspaner von übermorgen. Die ersten Projekte lassen das Potenzial erahnen - für die Industrie und für die Region.

Varel / Friesland - Ideen aus Varel hatten in der langen Tradition des Luftfahrzeugbaus am Standort und darüber hinaus schon immer einen guten Klang und haben dem Werk - heute Premium Aerotec - einen guten Namen verschafft. Mit dem Technologiezentrum Varel (TZV) setzen Landkreis und Stadt in Kooperation jetzt noch eins drauf: Bundesweit und international soll die Branche metallzerspanender Unternehmen von Entwicklungen aus Varel profitieren, die hier Spitzenforscher und Industrie gemeinsam erarbeiten. Rund sieben Millionen Euro haben Stadt und Landkreis dafür investiert, mit bedeutender Unterstützung des Landes Niedersachsen. Denn von diesem Technologiezentrum wird nicht nur die Industrie profitieren, sondern die gesamte Region. Ein solches Zentrum ist einmalig in der gesamten Wirtschaftsregion JadeBay und darüber hinaus. Seine Ziele:

Hochschulen und andere Institute sowie Partnerunternehmen aus verschiedenen Industriezweigen arbeiten in Varel an Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Damit schließt das TZV die Lücke zwischen Forschern und Anwendern, bringt brillante Ideen und praktische Anwendungen an einem Ort zusammen. Das TZV ist die Keimzelle für ein schlagkräftiges Netzwerk aus mittlerweile rund 50 nationalen und internationalen Firmen, die auch über die konkreten Projekte vor Ort hinaus zusammenarbeiten und so voneinander profitieren - das Machining Innovations Network (MIN).

Wofür braucht die Industrie das Technologiezentrum Varel?
Der Fokus des Technologiezentrums liegt auf der Weiterentwicklung der metallischen Werkstoffbearbeitung, vor allem der Zerspanungstechnologie. Diese Weiterentwicklung ist wichtig, weil in der Luftfahrtindustrie immer mehr Faserverbundwerkstoffe verwendet werden, zum Beispiel das leichte und belastbare CFK. Das führt aber mitnichten dazu, dass kein Metall mehr in den Flugzeugen verbaut wird - das Metall muss nur neuen Ansprüchen genügen. Immer mehr in den Blick rückt hier zum Beispiel das Material Titan. Im Technologiezentrum Varel wird erforscht, wie Metalle für solche und andere Zwecke schneller, einfacher und günstiger bei gleichzeitig extrem hohen Ansprüchen an die Qualität bearbeitet werden können. Gerade kleinen und mittleren Unternehmen, wie sie im Netzwerkverein MIN organisiert sind, bietet das TZV eine attraktive Chance, an solchen Entwicklungen teilzuhaben.

Welche konkreten Projekte verfolgen Forscher und Industrie hier gemeinsam?

5-achsige Titanzerspanung von Großbauteilen: Aufgabenstellung des Leitprojektes ist die schnelle, effiziente und qualitativ hochwertige Zerspanung von Titan-Großbauteilen. Dadurch soll u.a. das Zeitspanvolumen und die Standzeit beim Schruppfräsen sowie die Leistungsfähigkeit beim Schlichtfräsen filigraner Strukturbauteile erhöht werden.

Mehrspindlige Titanzerspanung von Kleinbauteilen: Herausforderung des Leitprojektes ist die Optimierung der Prozessüberwachung und das automatisierte, verschleißabhängige Nachschleifen von Vollhartmetallwerkzeugen. Ziele hierbei sind u.a. die Steigerung der Prozesssicherheit und die Erhöhung der Effizienz beim Nachschleifprozess.

Produktivitätssteigerung der NC-Programmierung als Dienstleistung: Mit dem Vorhaben soll eine wirtschaftliche Fertigung gelingen, die die hochkomplexe Bauteilvielfalt berücksichtigt. Dazu gilt es, u.a. die Prozessstandardisierung voranzutreiben, und die aufwandsarme Abnahme und Realisierung von NC-Dienstleistungen mittels technologischer Bewertung zu realisieren.

Integrierte Fertigungszelle: Die Herstellung komplexer Strukturbauteile erfordert, neben der reinen zerspanenden Bearbeitung, einen hohen Anteil an vor- und nachgelagerten Arbeitsschritten. Ziel ist die Bündelung dieser Arbeitsschritte in eine „Integrierte Fertigungszelle" und damit die Komplettbearbeitung innerhalb eines Systems.

Herstellung hochkomplexer Rotations-Frästeile: Hohe Flexibilität bzgl. Losgrößenschwankungen und Teile- bzw. Variantenvielfalt ist eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Fertigung hochkomplexer Rotations-Frästeile. Um die Produktivität deutlich zu steigern, werden u.a. Fertigungsschritte parallelisiert, angrenzende Arbeitsschritte integriert und Einrichtvorgänge der Multi-Tasking-Bearbeitung virtualisiert.

Wie kommen Industrie und Forscher zusammen?
Durch den 2010 gegründeten Netzwerkverein Machining Innovations Network (MIN). Dieser Verein dient als Plattform, um die verschiedenen Partner in der metallverarbeitenden Zerspanung zusammenzuführen. Ganz oben auf seiner Agenda steht die gemeinschaftliche Entwicklung von Produkten, der Wissenstransfer und die gemeinsame Erschließung neuer Geschäftsfelder und Märkte. Mehr als 50 nationale und internationale Firmen sind bereits Mitglied, das Spektrum reicht dabei vom regionalen Mittleren Unternehmen bis hin zum großen Global Player.

Schaffen diese Aktivitäten Arbeitsplätze?
Ja - und das gleich zweifach. Zum einen entstehen durch die verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprojekte immer wieder hochqualifizierte Jobs für die Laufzeiten der jeweiligen Vorhaben in Varel. Und zum anderen werden die Ideen und Entwicklungen, die aus diesen Projekten hervorgehen, Jobs in regionalen und nationalen Industrien sichern und neue Jobs schaffen helfen.

Wie passt das TZV in die Strategie zur Standortsicherung und -entwicklung?
Landkreis und Stadt haben gemeinsam eine Strategie entwickelt, um den Luftfahrt-Standort Varel, seine Innovationskraft und seine positive Wirkung auf die gesamte Region zu sichern und zu fördern. Teil dieser Strategie ist das Gewerbe- und Industriegebiet AeroPark, in dem sich Zulieferer ansiedeln können. Mit ThyssenKrupp hat dort bereits 2010 ein sehr namhafter Konzern seine Arbeit aufgenommen und 100 Jobs vor Ort geschaffen. Gleichzeitig finden sich das Ausbildungs- und das Technologiezentrum im AeroPark, als Teil der Strategie, durch Zulieferung, Ausbildung und Forschung den Standort breiter und damit krisenfester aufzustellen. Derzeit haben in diesem Umfeld weit mehr als 1500 Menschen Arbeit - so viele wie nie zuvor.